Krisenfeste Jugendpolitik. Was muss Jugendpolitik langfristig leisten, um die politische Stimme der Jugend in Krisenzeiten zu stärken?

Norbert Müller Mitglied der Kinderkommission (Die Linke), Bettina Wiesmann Mitglied der Kinderkommission (CDU/CSU), Lisi Maier (DBJR), Karl Weber (GEMINI)


Beschreibung

Der Umgang mit dem Coronavirus hat gezeigt, dass Jugendpolitik zum Beispiel in Vergleich zu vielen anderen Politikfeldern in der Zeit des Shutdowns eine verschwindend geringe Rolle gespielt hat. Jugendpolitische Implikationen kamen in den Überlegungen zum Umgang mit dem Virus oder in den anschließenden Gesprächen über die schrittweisen Öffnungen weder direkt noch indirekt als querschnittspolitisches Thema vor. Mit Vertreter*innen der Kinder- und Jugendhilfe sowie mit politischen Akteur*innen möchten wir in diesem Panel Thesen formulieren, wie Jugendpolitik auch in Krisenzeiten schlagkräftiger werden kann. Wie können die politischen Stimmen junger Menschen schneller sichtbar werden und sich lauter in politische Debatten einfinden? Diese und weitere Fragen diskutieren wir mit Akteur*innen aus Politik und der Jugendhilfe.

Dokumentation/Zusammenfassung aus dem YoPad

Die Corona-Pandemie hat das Leben von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen einschneidend verändert. Die Krise große Auswirkungen auf ihren Alltag hat, sich die jungen Menschen in ihren Bedürfnissen und Rechten aber politisch und gesellschaftlich kaum wahrgenommen fühlen. Der Umgang mit dem Coronavirus hat gezeigt, dass Jugendpolitik in Vergleich zu vielen anderen Politikfeldern in der Zeit des Shutdowns eine verschwindend geringe Rolle gespielt hat. Jugendpolitische Implikationen kamen in den Überlegungen zum Umgang mit dem Virus oder in den anschließenden Gesprächen über die schrittweisen Öffnungen weder direkt noch indirekt als querschnittspolitisches Thema vor.

Folgende Aspekte wurden aufgegriffen:

  • Jugendbeteiligung muss strukturell auf allen Entscheidungsebenen so verankert sein, dass sie auch in Krisenzeiten gewährleistet bleibt. Das muss jetzt in der Jugendpolitik eine Priorität einnehmen
  • Die Institution Schule hat in der öffentlichen Wahrnehmung und in der Politik eine zu große Rolle eingenommen und wurde darüber hinaus auf den Aspekt der formalen Bildung und der Leistungszertifizierung reduziert. Hier bleiben elementare Bestandteile des Aufwachsens unterbelichtet, die dann auch leichter politisch unter den Tisch fallen.
  • Die Corona-Pandemie hat aufgezeigt, wie wichtig die Strukturen vor Ort sind. Dort, wo die Vernetzung und die Teilhabe vor Ort geklappt haben, sind auch für Kinder und Jugendliche sowie für die Jugendarbeit zum Teil flexiblere Lösungen entstanden.
  • Kurzfristige Projektförderung durch den Bund hilft kaum die Strukturen vor Ort zu erhalten. Hierzu wären die Fördermöglichkeiten durch den Kinder- und Jugendplan auf Landes- und Bundesebene gegeben.
  • Es hat sich in der parlamentarischen Arbeit gezeigt, wie schwierig es ist, eine Stärkung des Kinder und Jugendplans zur Förderung der Kinder- und Jugendarbeit zu erwirken. Es kann sein, dass sich diese Struktursicherung aufgrund des pandemiebedingten künftigen Sparzwangs noch viel schwieriger gestalten wird.
  • Viel leichter ist es, kurzfristige Programme gegen Extremismusprävention parlamentarisch durchzusetzen. Dies ist aufgrund des defizitären Jugendbilds, das häufig der Extremismusprävention zugrunde liegt, jedoch auch kritisch zu bewerten. Das gilt insbesondere jetzt, da auch die Corona-Pandemie ein höchst defizitär gestaltetes Bild von Jugendlichen in der Öffentlichkeit gezeichnet hat.

Wie wurde Jugendpolitik in vergangenen Monaten wahrgenommen und welche Rolle hat sie gespielt?

Was muss langfristig passieren, um in gesellschaftlichen Umbruchsituationen Jugendpolitik zu stärken?

  • Weder die Jugendpolitik noch die Interessenvertretungen junger Menschen (z.B. Jugendverbände, -ringe, Schülermitbestimmungsgremien, Jugendhilfeausschüsse) wurden bei einschneidenden Maßnahmen im Frühjahr gehört. Schlimmer noch, auch als diese nach und nach gelockert wurden und dabei ein pandemisch bedingte Eile und Dringlichkeit nicht mehr notwendig war, geschah dies ebenfalls nicht. Jenseits von formaler Bildung (und Betreuung) kam Jugend bzw. Kinder- und Jugendarbeit maximal als Anhängsel in den Regelungen vor. Die o.g. Interessenvertretungen wurden - mit wenigen regionalen Ausnahmen - nicht einbezogen.
  • Um dem für die Zukunft und ähnliche Krisen-Situationen vorzubeugen, v.a. wenn diese erneut sehr schnelles Handeln erzwingen, werden drei Dinge empfohlen, die möglichst bald in der derzeit noch weitgehen krisenfreien Zeit umgesetzt werden sollten:
    • Stärkere Betonung der Rechte junger Menschen durch Aufnahme der Kinderrechte in das Grundgesetz.
    • Verankerung des Umgangs mit den unterschiedlichen Bedarfen junger Menschen bzw. der Kinder- und Jugendhilfe, der Kinder- und Jugendarbeit etc. in den Krisenplänen.
    • Die Aufnahme der Interessenvertretungen junger Menschen in die Krisenstäbe.